Was Sie über Kunststoffabfälle wissen müssen – und wie Sie diese bekämpfen können
SustainabilityArticle21. Oktober 2021
Die von uns täglich verwendeten Kunststoffe verursachen Umweltprobleme. Warum sind Kunststoffe so beliebt, und was können wir tun, um die Art und Weise, wie wir Kunststoffe im Alltag verwenden, zu verändern?
Wir sind regelrecht süchtig nach Kunststoff. Die Welt produziert jährlich 300 Millionen Tonnen Kunststoffabfall, und ein Rückgang ist nicht in Sicht. Tatsächlich nimmt die Kunststoffproduktion sogar zu. Noch schlimmer ist, dass ein Grossteil davon in der Umwelt landet. Rund 8 Millionen Tonnen Kunststoff gelangen jedes Jahr ins Meer. Schätzungen zufolge haben etwa 90 Prozent aller Seevögel der Welt Kunststoffrückstände in ihren Eingeweiden.
Darüber hinaus werden nahezu alle Kunststoffe aus Chemikalien hergestellt, die aus Öl, Erdgas und Kohle gewonnen werden – allesamt Mitverursacher des Klimawandels. Wenn sich die aktuellen Trends bis 2050 fortsetzen, könnte die Kunststoffindustrie tatsächlich 20 Prozent des gesamten weltweiten Ölverbrauchs ausmachen.
Warum ist es trotz Kenntnis der negativen Auswirkungen so schwierig, den Trend umzukehren? Es hat seinen Grund, warum Kunststoff in der heutigen Zeit derart allgegenwärtig geworden ist und warum es eine Gewohnheit ist, die nur schwer – und in manchen Fällen gar nicht – zu durchbrechen ist. Was also sind die Ursachen für unsere Plastikleidenschaft und was können wir tun, um die dadurch verursachten negativen Auswirkungen zu mildern?
Die positiven Aspekte von Kunststoff
Kunststoff hat einen schlechten Ruf, aber in einigen Bereichen des modernen Lebens hat es uns in die Lage versetzt, Leben zu retten und zu verbessern.
Kunststoff hat die Medizin und die Wissenschaft revolutioniert. Rund 25 Prozent des in Krankenhäusern anfallenden Abfalls besteht aus Kunststoffen. Grund ist, dass Einweg-Kunststoffgeräte das Risiko von Kreuzkontaminationen reduzieren und für zusätzlichen Schutz sogar mit bakterienresistenten Materialien beschichtet werden können. Auch in der Wissenschaft sind die Eigenschaften von Kunststoff – preisgünstig, leicht, transparent, langlebig – für Geräte, die in grossen Mengen und in sterilen Umgebungen eingesetzt werden, von unschätzbarem Wert.
Kunststoffe haben auch die Lebensmittelindustrie verändert. Durch die sterile Kunststoffverpackung können Lebensmittel länger und sicherer gelagert werden. Dies sorgt dafür, dass frische Lebensmittel weltweit verfügbar sind. Dies wiederum reduziert den Lebensmittelabfall – allein in der EU werden zwar immer noch rund 88 Millionen Tonnen Lebensmittel weggeworfen, aber 1,5 g Kunststofffolie können die Haltbarkeit einer Gurke von drei auf 14 Tage verlängern.
Plastik hat also entscheidend zu einer gesünderen Welt beigetragen, zu einer besseren Ernährung und zu wissenschaftlichem Fortschritt. Das bedeutet jedoch nicht, dass wir die verheerenden Auswirkungen der Kunststoffproduktion und der Plastikabfälle übersehen dürfen. Wenn wir herausfinden, wann welche Kunststoffe erforderlich sind und wie wir nach der Verwendung verantwortlich mit den Überbleibseln umgehen können, sind wir auf dem richtigen Weg.
Die Bedrohung durch Einwegkunststoff
Das grösste Problem ist der Einwegkunststoff. Es ist schwer zu glauben, aber die Hälfte des Kunststoffs ist so konzipiert, dass er nur einmal verwendet und dann weggeworfen werden kann.
«Auch wenn Kunststoff in der Gesundheits-, Wissenschafts- und Lebensmittelbranche von entscheidender Bedeutung ist, sind die meisten Einwegkunststoffe einfach praktische Kunststoffe, die leicht durch wiederverwendbare Lösungen ersetzt werden können», so Anja-Lea Fischer, Head of Operational Sustainability bei der Zurich Insurance Group. «Von Einkaufstüten und Wasserflaschen bis hin zu Trinkhalmen und Kaffeetassen sind die durch Einwegkunststoff erzeugten Abfallmengen beträchtlich. Der Verzicht auf die Verwendung dieser Plastikprodukte muss Priorität haben.»
Druck von Seiten des Handels und der Regierungen bringt bereits Veränderungen mit sich. Viele Länder auf der ganzen Welt, von Südkorea bis Kenia, haben Einweg-Einkaufstaschen aus Kunststoff verboten. Zudem gibt es immer strengere Regeln, wie beispielsweise die Pläne des Vereinigten Königreichs, Einwegbesteck zu verbieten. Auch Unternehmen spielen eine Rolle: McDonald’s und Coca Cola – zwei Handelsriesen – haben sich verpflichtet, Lebensmittel- und Getränkeverpackungen zu 100 % zu recyceln.
Wie Kunststoffe wiederverwendet und umfunktioniert werden können
Die Alternative zur Eliminierung von Einwegkunststoff ist die Wiederverwendung und Umfunktionierung. Das Konzept der Kreislaufwirtschaft reicht bis in die 1970er Jahre zurück und wird oft unter dem Motto «Reduzieren, Wiederverwenden, Recyceln» zusammengefasst. Ziel der Kreislaufwirtschaft ist die Vermeidung von Abfall. Bei Kunststoff bedeutet das, die Menge unserer Produkte zu reduzieren, das, was wir bereits haben, wiederzuverwenden und Produkte so oft wie möglich zu recyceln, bevor sie das tatsächliche Ende ihrer Lebensdauer erreichen.
Bei der Wiederverwendung und dem Recycling von Kunststoffen sind nicht alle Kunststoffe gleich. Polyethylen-Terephthalat, kurz PET, ist einer der am leichtesten und am häufigsten recycelten Kunststoffe. Aufgrund seiner Eigenschaften – Transparenz, Steifigkeit und Ungiftigkeit – ist es einer der am häufigsten verwendeten Kunststoffe der Welt und eignet sich gut für Gesundheits- und Hygieneprodukte wie Lebensmittelbehälter und medizinische Geräte. PET wird auch in der Textilbranche häufig als Faser für Kleidung verwendet – unter dem Namen «Polyester».
Andere häufig recycelte Kunststoffe sind hochdichtes Polyethylen (HDPE), häufig eingesetzt für Milchkartons und Shampoo-Flaschen, sowie Polypropylen (PP), das aufgrund seines hohen Schmelzpunkts oft für Margarinebecher und Schalen für Fertiggerichte verwendet wird.
Polyvinylchlorid (PVC) hingegen ist zwar einer der am einfachsten herzustellenden Kunststoffe, aber auch einer der am schwierigsten zu recycelnden. Verschiedene Formen von PVC enthalten unterschiedliche Zusatzstoffe, und die aktuelle Recycling-Technologie kann diese Zusatzstoffe nicht effektiv vom ursprünglichen Kunststoff trennen. Weitere schwer zu recycelnde Kunststoffe sind Polyethylen niedriger Dichte (LDPE), das bei der Herstellung von Lebensmittelbeuteln beliebt ist, und Polystyrol (PS), das häufig zur Herstellung von Plastikbesteck verwendet wird.
Wir müssen unsere Abhängigkeit von diesen schwierig wiederzuverwendenden und zu recycelnden Kunststoffen reduzieren und gleichzeitig leicht zu recycelnde Kunststoffe in wichtigen Industriezweigen einsetzen.
Doch Fischer warnt: «Nur weil ein Kunststoff prinzipiell leicht recycelt werden kann, bedeutet das nicht, dass er auch recycelt wird.» Tatsächlich werden nur 9 Prozent des jemals produzierten Plastikabfalls recycelt, 12 Prozent werden verbrannt und die restlichen 79 Prozent auf Mülldeponien oder in der Natur entsorgt. «Unser Fokus muss darauf liegen, Einwegkunststoffe aus unserem Leben zu verbannen.»
Wenn Sie dazu beitragen möchten, diesen Trend voranzutreiben, welche weiteren Schritte können Sie unternehmen, um Einwegplastik und Plastikabfälle zu reduzieren?
1. Beginnen Sie damit, Alternativen zu nutzen
Wiederverwendbare Alternativen zu gängigen Einwegplastikprodukten sind ein grosses Geschäft, von wiederverwendbaren Metallstrohhalmen bis hin zu Bienenwachstüchern für die Aufbewahrung von Lebensmitteln. Diese Produkte sind nur dann wirksam, wenn sie wirklich wieder verwendet werden. Wenn sie jedoch wieder verwendet werden, können sie uns dabei helfen, auf Einwegkunststoffe zu verzichten.
«Einwegkunststoffe sind überall um uns herum und lassen sich leider oft nur schwer vermeiden», so Anja-Lea Fischer. «In meinem Privatleben habe ich jedoch festgestellt, dass einige kleine Änderungen dazu beitragen können, ihre Verwendung zu minimieren. Oft bringt dies sogar gesundheitliche Vorteile mit sich. Der Verzicht auf Take-away-Mahlzeiten sorgt dafür, dass wir zu Hause kochen, und meine wiederverwendbare Wasserflasche erinnert mich jeden Tag daran, mehr Wasser zu trinken.»
2. Informieren Sie sich über Recycling
Wir alle müssen besser werden, wenn es um Recycling geht. Aber das ist einfacher gesagt als getan. Auf globaler und lokaler Ebene sind die Möglichkeiten für das Recycling von Kunststoff unterschiedlich, da Abfall- und Recyclingzentren unterschiedliche Möglichkeiten und Vorgaben für unterschiedliche Arten von Plastik haben. Was in einer Region recycelbar ist, kann in einer anderen Region auf Mülldeponien entsorgt werden. Das bedeutet, dass wir alle überprüfen müssen, welche Materialien vor Ort recycelt werden können. Apps wie RecycleCoach in den USA können dabei helfen, örtliche Recyclingzentren zu finden und Ratschläge für die Vorbereitung von Abfällen für das Recycling zu geben.
Um unsere Recyclingbranche zu verbessern, ist es wichtig zu wissen, was wie recycelt werden kann.
3. Lokal einkaufen
Je weniger Entfernung frische Produkte zurücklegen müssen, desto weniger Verpackung ist erforderlich, damit diese Produkte essbar bleiben. Wo es möglich ist, können Bauernmärkte und der Kauf direkt beim Erzeuger dazu beitragen, schwer zu recycelnde Einwegverpackungen zu vermeiden. Eine zusätzliche Hilfe sind wiederverwendbare Einkaufstaschen.
4. Neue Technologien unterstützen
Neue Alternativen zu Kunststoff könnten uns dabei helfen, unsere Kunststoffbedürfnisse auf die wichtigsten Anwendungen zu beschränken. Ein Beispiel ist Polylactid, oder PLA. Es wird als Alternative zu PET in Kunststoffbechern und -flaschen verwendet, wird jedoch aus pflanzlichen Zuckern ohne einen einzigen Tropfen Rohöl hergestellt. Es ist biologisch abbaubar, allerdings mit einem Vorbehalt: Es erfordert besondere Bedingungen in kommerziellen Kompostierungszentren, damit es sich vollständig abbaut.
Auch wenn es vielleicht nicht perfekt ist, bringen Innovationen wie PLA uns näher an die Reduzierung unserer Abhängigkeit von herkömmlichen Kunststoffen heran. Halten Sie beim Einkaufen nach diesen Alternativen Ausschau.
5. Abfall sauber halten
Eine der grössten Herausforderungen beim Recycling sind Verunreinigungen. 500.000 Tonnen Abfall werden jedes Jahr in Grossbritannien abgelehnt, da sie verunreinigt sind. Ein ganzer Lkw mit einer Ladung, die eigentlich recycelt werden könnte, kann aufgrund von ungereinigtem Kunststoff oder verschmutzten Windeln auf Mülldeponien entsorgt werden.
Es ist wichtig, dass die Recyclingbehälter nur für wirklich recycelbare Materialien verwendet werden und dass sie vor der Entsorgung vollständig gereinigt werden.
Auch wenn Kunststoffe in einigen Industriezweigen nicht wegzudenken sind, können wir alle dazu beitragen, die Verwendung und Wiederverwendung von Kunststoffen in Zukunft zu verbessern – von unseren täglichen Aktivitäten bis hin zu den Produkten, die wir kaufen.