Hat das Büro ausgedient?
TechnologyArticle18. Mai 2021
Meine Damen und Herren, willkommen in unserem Museum. Hier sehen Sie unsere Ausstellung „Das konventionelle Büro“. Hier arbeiteten Ihre Grosseltern …
Wird dies unsere Zukunft sein? Das Büro als Relikt der Vergangenheit? In der Welt der professionellen Immobilien, in der „Lage, Lage, Lage“ lange Zeit das Mantra war, berücksichtigen die Eigentümer von Büroimmobilien jetzt Aspekte wie „Mikro-Standorte“ und die Frage, wie gut Unternehmen in der Lage sind, hybride Modelle für das Arbeiten von zu Hause aus zu integrieren. Sie sprechen von flexiblen Grundrissen. Werden sie bald ganz aufhören, über Büros zu sprechen?
Die Zurich Insurance Group („Zurich“), die zu den weltweit grössten Immobilieninvestoren gehört, beobachtet die Trends, die die Nachfrage nach Gewerbeimmobilien, einschliesslich Büros, beeinflussen. Schon vor der Pandemie gab es Einflussgrössen, die zur Prägung der Umgebung beitrugen, angefangen von der Attraktivität bestimmter Stadtteile (so genannte Mikrostandorte) bis hin zur Bequemlichkeit des Pendelns. Dann führte COVID-19 dazu, dass viele Büroangestellte zu Hause bleiben mussten. Natürlich sind wir alle gespannt, wie und wo wir in Zukunft arbeiten werden. Sicher ist bislang nur, dass vieles noch unsicher ist. Und wie bei den meisten Unsicherheiten lohnt es sich, vorsichtig zu sein – oder, wie Anleger sagen, „defensiv“.
„Büroflächen sind nicht nur Büroflächen“, sagt Olafur Margeirsson, Senior Real Estate Strategist im Bereich Investment Management bei Zurich. Als einer derjenigen, die im Rahmen von Zurichs Investitionen rund 16 Milliarden US-Dollar in Immobilien verwalten, ist Margeirsson daran gewöhnt, Zyklen auf den Immobilienmärkten zu erkennen. Doch selbst Profis sind von einigen der Trends überrascht, die von der Pandemie verursacht oder verstärkt wurden.
Zum einen hat COVID-19 eine Verschiebung der Nachfrage nach verschiedenen Arten von Büroflächen verstärkt. Während der Pandemie lernten Büroangestellte, Brot zu backen, während sie Geschäfte machten. Sie halfen den Kindern bei ihren Schularbeiten, während sie in Videokonferenzen mit Kunden sprachen.
Die Rückkehr der Menschen in die Büros, die sich daran gewöhnt haben, von zu Hause aus zu arbeiten, wird nach Ansicht von Experten zu einer erhöhten Nachfrage nach einer Vielzahl unterschiedlicher Arbeitsräume führen: Es wird mehr Besprechungsräume für die Interaktion in Meetings geben und den Wunsch nach mehr ruhigen Räumen, in denen sich der Einzelne konzentrieren kann, wenn er nicht zu Hause arbeiten möchte. Was weniger gefragt sein wird, sind die allgemeinen, offenen, nicht zweckgebundenen Sitzbereiche, die weder Platz für Gruppenbesprechungen noch Privatsphäre bieten. „Das klassische Grossraumbüro wie wir es kennen, wird wahrscheinlich ein Auslaufmodell“, so Margeirsson.
Jeder, der schon einmal eine Immobilie, selbst ein Ferienhaus, gekauft hat, weiss, dass eine Vielzahl von Faktoren den Marktwert und die Begehrlichkeit erheblich verändern kann: Zinssätze schwanken, Familien wachsen, Stadtviertel verändern sich. Wenn es darum geht, grosse Büroimmobilien für Tausende von Menschen an belebten Standorten zu verwalten, sind die Entscheidungen noch komplizierter. Gleichzeitig haben die durch eine Pandemie verursachten Veränderungen die Unsicherheit noch verstärkt. „Was passiert ist, ist, dass eindeutig defensive Immobilienanlagen – also Anlagen, die derzeit langfristig und sicher vermietet sind oder die an die kommenden Veränderungen in der Büroflächennachfrage angepasst werden können – eine starke Nachfrage bei Investoren erfahren. Wenn man sich auf Objekte zubewegt, bei denen die Nachfrage auf dem Mietmarkt unsicherer ist, sinkt das Interesse der Investoren nicht linear, sondern exponentiell“, erklärt Margeirsson.
Flexibilität und Nachhaltigkeit als Treiber der Nachfrage
Nachhaltigkeit ist ein wichtiger Aspekt. So auch bei Zurich, wo die Immobilienstrategie darauf ausgerichtet ist, ökologische Nachhaltigkeitsstandards und -qualitäten in seinen Liegenschaften mitzuberücksichtigen. Das Unternehmen hat die Gesamtemissionen seiner Büroeinrichtungen reduziert und erwartet, den Anteil an erneuerbarem Strom, der in seinen Büros weltweit verwendet wird, zu erhöhen.
Zurichs globaler Hauptsitz, der „Quai Zurich Campus“ in Zürich nahe dem Zürichsee, soll im Jahr 2021 wiedereröffnet werden. Viele Mitarbeiter von Zurich verbrachten einen guten Teil der Jahres 2020 bis hinein im Jahr 2021 damit, von zu Hause aus zu arbeiten. Die Ausstattung des Quai Zurich Campus soll die erneute Umstellung auf das Büro erleichtern. Es ist die erste Immobilie in Europa und erst die dritte weltweit, die die höchste Platin-Zertifizierungsstufe des internationalen Gebäudestandards Leadership in Energy and Environmental Design (LEED) erreicht sowie die Platin-Zertifizierung für WELL, ein Bewertungssystem, das misst und überwacht, wie sich Gebäude auf die menschliche Gesundheit auswirken.
Das Design wird flexible Konfigurationen bieten, die dem Bedürfnis der Mitarbeiter nach Besprechungen oder einem ruhigen Rückzugsort entgegenkommen. Sie können sogar einen Kaffee in einer Aussengastronomie geniessen, dass nicht nur für Mitarbeiter, sondern auch für die Öffentlichkeit zugänglich ist. Die Gebäude des Quai Zurich Campus bieten zukünftig viele intelligente Annehmlichkeiten. So können sich Mitarbeiter beispielsweise über verfügbare Arbeitsplätze informieren, leichter navigieren und Essen bestellen. Durch eine effizientere Gestaltung kann ein Gebäude auch zu mehr Nachhaltigkeit beitragen.
Nachhaltigere Immobilien sind das Zuckerbrot, wenn es um das Interesse von Unternehmen an der Anmietung von grünen Büroflächen geht. Zunehmend strengere Vorschriften sind eher eine Peitsche, und diese Vorschriften treiben auch die Nachfrage nach nachhaltigen Büros an. So müssen beispielsweise die meisten Bürogebäude in den Niederlanden ab Januar 2023 mindestens die Energiestufe C aufweisen.
Willkommen in unserem Museum, meine Damen und Herren! Geniessen Sie Ihren Besuch in unserem Büro der Vergangenheit. Dies waren Orte, die einst unser Leben revolutionieren sollten. Ja, es gibt immer noch Büros, aber die Evolution des Büros hat diejenigen begünstigt, die nachhaltig und intelligent sind.
Was geschieht mit dem Rest der Büroflächen, die diese Anforderungen nicht erfüllen? Da immer mehr Menschen zumindest einen Teil der Zeit von zu Hause ausarbeiten, werden vielleicht einige dieser ungenutzten Büros in Privatwohnungen umgewandelt. Vielleicht sehen wir in Zukunft ein anderes neues Arbeitsmodell. Anstatt von zu Hause aus zu arbeiten, wird es heissen: „Arbeiten von einem Ort aus, der jetzt ein Zuhause ist, der vor Jahren ein Büro war.“